30 Millionen Impfungen bis Weihnachten? Experten zweifeln an Umsetzbarkeit

Eine Impfärztin bittet im Impfzentrum im Berliner Einkaufszentrum Ring Center zur Immunisierung (Symbolbild).

Eine Impfärztin bittet im Impfzentrum im Berliner Einkaufszentrum Ring Center zur Immunisierung (Symbolbild).

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Hannover. Der Epidemiologe Hajo Zeeb, Leiter der Abteilung Prävention und Evaluation am Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen, hält eine Ausweitung der 2G-Regel für notwendig. „Mit einer gut überprüften 2G-Regel könnte die vierte Welle abgebrochen oder zumindest auf ein Plateau geführt werden“, sagte Zeeb dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.

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In Ländern mit sehr hohen Inzidenzen wie etwa Sachsen oder Thüringen müssten aber auch regionale Lockdowns verhängt werden. „Dort werden nur drastische Beschränkungen helfen“, so Zeeb.

Dass die Impferlaubnis auch auf andere Gruppen wie etwa Apotheker, Zahn- oder Tierärzte ausgeweitet werden könnte, befürwortet Zeeb. „Das könnte eine super Ergänzung geben, zumal besonders Apotheken viel dezentraler aufgestellt sind als viele Arztpraxen.“

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Auch der Virologe Thomas Schulz, Leiter des Instituts für Virologie an der Medizinischen Hochschule Hannover, spricht sich für eine Erweiterung der Impferlaubnis. „Wichtig ist dabei aber die rechtliche Umsetzung“, sagte Schulz dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Denn die fachgerechte Aufklärung über mögliche Nebenwirkungen der Impfung müsse gewährleistet werden.

Versorgung mit Impfstoff derzeit größeres Problem

Allerdings sieht Epidemiologe Zeeb ein größeres Problem im Impfstoffmangel. Die von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz avisierten 30 Millionen Impfungen bis Weihnachten seien eine „Riesenaufgabe“, so Zeeb. Er habe begründete Zweifel an der Umsetzung der Millionen Immunisierungen in kürzester Zeit, „aber auch ein knappes Scheitern wäre schon etwas“.

Ähnlich sieht es der Virologe Thomas Schulz: „Ich habe nicht den Eindruck, dass die Ärzte den Impfstoff nicht an den Mann bekommen, sondern dass es vielmehr Probleme bei der Verteilung des Impfstoffs gibt.“ Angesichts dessen hält er auch das von SPD-Kanzlerkandidat gesteckte Ziel für ambitioniert. „Das ist logistisch schwer umzusetzen, da etwa 1,5 Millionen Impfungen am Tag verabreicht werden müssten.“

„Die Impfpflicht würde frühestens im Sommer etwas bringen“

Eine Impfpflicht befürwortet Epidemiologe Zeeb vor allem partiell. „Auf jeden Fall sollte es in Pflege- und Medizinberufen eine Impfpflicht geben.“ Eine allgemeine Impfpflicht befürworte er „nicht von Herzen“, lehne sie aber auch nicht vollends ab. Denn gerade mit Blick auf den mittelfristigen Umgang mit der Pandemie wäre eine hohe Impfquote entscheidend, und Deutschland erreiche sie offensichtlich nicht ohne diese Maßnahme.

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In Anbetracht der derzeitigen Corona-Situation in Deutschland spricht sich der Virologe Schulz für eine allgemeine Impfpflicht aus – insbesondere im Hinblick auf Virusvarianten. Allerdings sollte man sich davon keine Hoffnungen für eine Verbesserung der Lage in diesem Winter machen: „Die Impfpflicht würde frühestens im Sommer etwas bringen.“ Zudem seien auch neue Corona-Varianten, wie etwa Omikron, noch zu wenig erforscht. Sollten diese das Infektionsgeschehen deutlich antreiben, müsste die Impfpflicht aber umgesetzt werden, so Schulz.

Auslaufen des Impfstatus nur bei Zweitgeimpften sinnvoll

Dass der Impfstatus bereits nach sechs Monaten ablaufen könnte, befürwortet Schulz. „Bei anderen Impfungen – etwa gegen Hepatitis B – wissen wir, dass der vollständige Impfschutz nur mit drei Impfungen zu erreichen ist“, so Schulz. Allerdings sollte dies nur für Zweitgeimpfte gelten. Für Menschen, die bereits ihre Auffrischungsimpfung erhalten haben, sollte der Impfstatus „sehr viel länger“ gültig sein. Eine allgemeine Regel dafür zu finden sei jedoch schwierig, da bisher nur wenig Daten für die Dauer des Schutzes nach einer dritten Impfung vorlägen.

Schließungen von Clubs oder Einschränkungen von Großveranstaltungen sollten möglichst inzidenzabhängig und nicht etwa flächendeckend beschlossen werden, sagte Schulz. Die Sieben-Tage-Inzidenz sei dafür der sinnvollere Parameter als die Zahl der Krankenhauseinweisungen, da die genaue Bestimmung der Hospitalisierungsrate verzögert erfolge und man nur damit noch immer „im Dunkeln fahre“.

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Bund und Länder planen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie härtere Maßnahmen wie zusätzliche Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte. Details sollen bis Donnerstag, bis zur nächsten Ministerpräsidentenkonferenz, ausgearbeitet werden. Dann sollen die am Dienstag besprochenen gemeinsamen Beschlüsse von Bund und Ländern gefasst werden.

mit dpa-Material

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